Donnerstag, 31. Januar 2013

Letzte Sätze #69

"'Du blöder Dreckskerl', sagte er und blinzelte heftig, 'ich mag dich trotzdem.'"
Daniel Woodrell, "Cajun Blues"

Mittwoch, 30. Januar 2013

La musique de Montale IV


 "'Meine Alten sind okay. Das Glück haben nicht alle. Und dann Basketball ...' Er lächelte. 'Und dann gibt es ja noch 'chourmo'. Weißt du, was das ist?'
Ich wusste es. 'Chourmo', auf Provenzalisch 'chiourme', die Ruderer der Galeerenschiffe. Mit Galeeren und Knästen kannte man sich in Marseille aus. Es war nicht nötig, wie vor zweihundert Jahren, Vater und Mutter zu ermorden, um dort zu landen. Nein, heute reichte es, jung zu sein, Einwanderer oder nicht. Der Fanclub von Massilia Sound System, der ausgeflipptesten Gruppe von Raggamuffins, die es gab, hatte den Ausdruck aufgegriffen.
Inzwischen war 'chourmo' ein lockerer Zusammenhang, in dem man sich traf, und eine Unterstützer- und Fangruppe geworden. Sie waren etwa zweihundertfünfzig bis dreihundert und 'unterstützten' mehrere Musikgruppen wie Massilia, Fabulous, Bouducon, Black Lions, Hypnotik, Wadada ... Zusammen hatten sie jüngst ein echtes Höllenalbum herausgebracht. Im 'Ragga Baletti'. Da ging es hoch her am Samstagabend! Aioli!
 'Chourmo' kümmerte sich um die Soundsysteme, und mit Hilfe der Einnahmen wurde eine Fanzeitschrift herausgegeben; man verteilte Kassetten mit Live-Aufnahmen und arrangierte günstige Reisen, um die Bands auf ihren Tourneen zu begleiten. Mit den Ultras, den Winners oder den Fanatics im Stadium rund um Olympique Marseille lief es genauso. Aber das war für 'chourmo' nicht entscheidend. Entscheidend war, dass die Leute zusammenkamen. Sich 'mischen', wie man in Marseille sagt. Sich umeinander kümmern. Es gab einen 'chourmo'-Geist. Man gehörte nicht mehr zu einem Viertel oder einer Vorstadt. Man war 'chourmo'. Man ruderte in derselben Galeere! Um rauszukommen. Zusammen.
Rastafada eben!"



Dienstag, 29. Januar 2013

La musique de Montale III

"Die Fähre kam. Ich gönnte mir eine Hin- und Rückfahrkarte für die kürzeste und schönste aller Reisen. Einmal quer durch Marseille. Quai du Port - Quai de Rive-Neuve. Um diese Zeit fuhren nicht viele mit. Ein paar Alte. Eine Mutter, die ihrem Baby die Flasche gab. Ich überraschte mich mit der Melodie 'Chella lla' auf den Lippen. Ein altes, neapolitanisches Stück von Renato Carosone. Ich fand meine Bezugspunkte wieder. Mit den dazugehörigen Erinnerungen. Mein Vater hatte mich auf der Fähre ans Fenster gesetzt und gesagt: 'Schau, Fabio. Schau nur. Das ist die Hafeneinfahrt. Siehst du. Fort Saint-Nicolas. Und dort, der Pharo-Park. Guck mal, und dahinter ist das Meer. Das große, weite Meer.' Ich spürte seine starken Hände unter den Achseln. Wie alt mochte ich gewesen sein? Sechs oder sieben, mehr nicht. In jener Nacht hatte ich davon geträumt, Seemann zu werden."



Montag, 28. Januar 2013

La musique de Montale II

"Eines Abends trafen wir uns wieder in der Fischerhütte. Es war Ugos zwanzigster Geburtstag. Miles Davis spielte 'Rouge'. Manu holte ein Paket aus seiner Tasche und legte es vor Ugo hin.
'Dein Geschenk.'
Eine 9mm Automatik."


Sonntag, 27. Januar 2013

Letzte Sätze #68

"Der Hund knurrte. Camporesi seufzte. Rocco zündete sich einen Zigarrenstummel an.
- Kommt er zurück?
- Wer?
- Der Doktor?
- Nein, das glaube ich nicht ... Nein, Rocco, er kommt nicht zurück.
- Dann gehört das Zeug Ihnen!
- Ja, das würde ich so sagen.
- Was sollen wir damit machen, Leutnant?
- Ich weiß noch nicht.
- Wie Sie wünschen. Sie befehlen jetzt."
Giancarlo De Cataldo, "Schmutzige Hände"

Mittwoch, 23. Januar 2013

Letzte Sätze #67

"Ich kann deine Stimme nicht hören. Ich kann dich riechen und deinen Atem schmecken. Ich kann dich spüren. Du streifst meinen Körper. Du bist fort, und ich will mehr von dir."
James Ellroy, "Die Rothaarige"

Dienstag, 22. Januar 2013

Letzte Sätze #66

"Er wollte gerade den Motor anlassen, als sein Handy klingelte. 'Louise', informierte ihn das Display. Jackson zögerte, stellte sich vor, was geschehen würde, wenn er sich nicht meldete.
Und was geschehen würde, wenn er sich meldete."
Kate Atkinson, "Das vergessene Kind"