Donnerstag, 23. Mai 2013

Addicted to Graphic Noir

Mindestens 17 Morde, Nekrophilie, Kannibalismus: Jeffrey Dahmer, das "Monster von Milwaukee", hat den Medien alles geliefert, was sie für den Horror der Massen benötigten. Der Zeichner Derf Backderf war ein Schulfreund Dahmers und hat sein Erschrecken über dessen Taten in einer beeindruckenden Graphic Novel verarbeitet. "Mein Freund Dahmer" ist eine sich aus Erinnerungen, Interviews und aufwendiger Recherche speisende semidokumentarische Annäherung an das Kind und den Teenager Jeffrey Dahmer. Sie zeigt, wie aus einem verlachten Außenseiter ein dauerberauschter Freak wird, dem niemand ein Rettungsseil zuwirft, an dem sich das verhaltensauffällige, an seinen perversen Fantasien leidende Kid hätte festhalten können. Niemand kommt als Monster zur Welt, auch Jeffrey Dahmer tat dies nicht, wie Backderfs psychologisch glaubwürdige Rekonstruktion zeigt. Eine Rekonstruktion, in der die Trauer um das entgleiste Leben des Ex-Kumpels ebenso spürbar ist wie das Mitleiden mit den Angehörigen der Mordopfer. "Time" zählte "Mein Freund Dahmer" zu den wichtigsten Sachbüchern des Jahres 2012. Nach der Lektüre weiß man, warum.

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